Einfluss von Polysialinsäure auf das angeborene Immunsystem im männlichen und weiblichen Reproduktionstrakt
Kontakt: PD Dr. Sebastian P. Galuska
Laufzeit: 2016-2018
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft, DFG GA 1755/1-2
Zusammenfassung:
In Säugern kommen Sialinsäuren zumeist als terminale Monosialylreste von Glykanen vor. Es kann jedoch auch durch die beiden Polysialyltransferasen ST8SiaII und ST8SiaIV zur Polysialylierung von Glykoproteinen kommen. Im Nervengewebe ist Polysialinsäure (PolySia) als posttranslationale Modifikation des neuralen Zelladhäsionsmoleküls NCAM vor allem durch Modulation der Zell-Zell-Interaktion entscheidend an verschiedensten Prozessen beteiligt. PolySia beeinflusst aber nicht nur die Adhäsion, sondern kann auch über direkte Interaktion z.B. mit Wachstumsfaktoren, MARCKS (Myristoylated Alanin-rich C Kinase Substrate) und Histon 1 die Differenzierung von Nervenzellen regulieren. Zudem wirkt PolySia wohl in der Lunge durch deren Histon-Bindungseigenschaften als ein Schutzmechanismus gegen die zytotoxischen Eigenschaften von extrazellulären Histonen aus NET (neutrophil extracellular traps), welches während inflammatorischer Prozesse generiert werden. Mit dem männlichen und weiblichen Reproduktionstrakt haben wir zwei weitere biologische Systeme ausgemacht, in denen PolySia-Ketten einen direkten Einfluss auf das angeborene Immunsystem haben könnten. Mit Lactotransferrin und humanem ß-Defensin 4 konnten wir bereits zwei antimikrobielle Bindungspartner von PolySia in humanen Ejakulaten identifizieren. Aufgrund der erbrachten Vorarbeiten geht unsere Arbeitshypothese dahin, dass durch die Interaktion von PolySia mit Histonen von NET, deren Zytotoxizität inhibiert und gleichzeitig dafür gesorgt wird, dass zusätzliche antimikrobielle Komponenten (z.B. Lactotransferrin und ß-Defensins 4), via PolySia-Histon-Interaktion am Ort der Inflammation akkumuliert werden. Kommt es zu einer verstärkten Anreicherung von PolySia, könnte über die PolySia-MARCKS-Interaktion die Aktivierung weiterer Neutrophile inhibiert werden (PolySia als „Feedback-Inhibitor“). Dies könnte sowohl im weiblichen Reproduktionstrakt nach Inseminierung als auch bei einer Nebenhodenentzündung eine entscheidende Rolle spielen. Der Arbeitshypothese soll durch eine Kombination von mechanistischen in vitro Experimenten und in vivo Modellsystemen nachgegangen werden.