In diesem Fokusthema werden innovative Methoden und Konzepte entwickelt, um die individuellen Bedürfnisse und Kapazitäten von Nutztieren zu messen und in der Nutztierhaltung zu berücksichtigen.
Domestikation und gezielte Zucht haben zu Nutztierrassen geführt, die weitgehend homogene Eigenschaften haben. Trotzdem zeigen aber auch Nutztiere konsistente individuelle Unterschiede in physiologischen und Verhaltensmerkmalen, oder nutzen für die gleiche Merkmalsausprägung unterschiedliche Stoffwechselwege oder Verhaltensstrategien. Daraus ergeben sich entsprechend unterschiedliche Fähigkeiten und Bedürfnisse, denen standardisierte Haltungsumwelten nicht gerecht werden.
Die individuellen Anpassungsrepertoires, die sich auf die Tiergesundheit und das Tierwohl auswirken, aber auch auf die Effizienz, mit der Energie und Nährstoffe verwertet werden, sind bedingt von intrinsischen, genetischen und epigenetischen Faktoren, und werden beeinflusst von exogenen Faktoren, wie zum Beispiel Klima, Fütterung, aber auch sozialen Interaktionen. Wir erforschen die Individualität auf allen Ebenen vom Genom bis zum Phänotyp, um die genetischen, physiologischen und ethologischen Mechanismen dahinter zu verstehen, und daraus valide Indikatoren für Tierwohl, Tiergesundheit und Effizienz abzuleiten. Digitale Lösungen, wie Smart Livestock Farming, integrieren Bioindikatoren und sensorbasierte Informationen, und ermöglichen informierte Haltungs- und Managemententscheidungen. Sie schaffen in Kombination mit individuell angepassten Gesundheits- und Managementstrategien eine ressourceneffiziente, tierindividuelle Versorgung, sodass das volle Potential aller Tiere abgerufen werden kann, ohne ihre natürliche Anpassungsfähigkeit zu überfordern.
Zusammenfassend schafft dieses Fokusthema die wissenschaftliche Grundlage für eine individuellere Tierhaltung. Verbundprojekte werden die Vielfalt individueller Merkmale und ihre genetischen, physiologischen und ethologischen Mechanismen erforschen. Sie liefern fundierte Informationen und intelligente Werkzeuge für eine tiergerechtere Haltung. Wir wollen damit stärker individualisierte, innovative Haltungs- und Managementverfahren entwickeln, die die individuellen Anpassungsfähigkeiten nutzen, um so das Wohlbefinden und die Gesundheit aller Tiere zu fördern.
In diesem Projekt erforschen wir die individuellen Reaktionsmuster von Nutztieren in Interaktion mit ihrer Umwelt. Unser Ziel ist es, die Ursachen und Zusammenhänge für diese Unterschiede, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltbelastungen und Krankheiten sowie die effiziente Nutzung von Energie und Nährstoffen zu verstehen.
Unser Projekt beinhaltet Untersuchungen auf verschiedensten biologischen Ebenen. So untersuchen wir einerseits die Funktion des Genoms und Epigenoms, die für die individuelle Veranlagung kausal verantwortlich sind. Dann betrachten wir die Diversität auf der molekularen Ebene, konkret in den Signalpfaden, die die Nährstoffflüsse und zellulären Anpassungsprozesse, u.a. im Rahmen der Immunantwort, regulieren. Aber auch die Mechanismen individueller Verhaltenssteuerung werden untersucht, und die Interaktion der Tiere mit ihrem sozialen Umfeld, mit besonderem Blick auf positive soziale Beziehungen.
Durch diese umfassende Forschung möchten wir ein besseres Verständnis für die individuellen Bedürfnisse und Reaktionen von Nutztieren entwickeln, um geeignete Bioindikatoren für Wohlbefinden und Tiergesundheit, sowie Ansätze für Verbesserungen in Haltung und Management abzuleiten.
Anschließend an das erste Verbundprojekt, in dem die Grundlagen der Individualität erfasst wurden, wollen wir im zweiten Verbundprojekt auf dieser Basis aufbauen und aus dieser eher grundlagenorientierten Forschung tierindividuelle Indikatoren für Tiergesundheit, Tierwohl und Effizienz ableiten.
Wir konzentrieren uns darauf, aussagekräftige Indikatoren und Biomarker zu entwickeln und zu validieren, die in verschiedensten Haltungsumwelten und Kontexten genutzt werden können. Diese umfassen Indikatoren für Tiergesundheit, Immunabwehr bzw. Krankheiten, für weitere Aspekte von Tierwohl, und den Energie- und Nährstoffwechsel. Auch hier werden also verschiedenste biologische Ebenen betrachtet, vom Genom und Epigenom über physiologische Prozesse z.B. im Magen-Darm-Trakt, im Muskel- und Fettgewebe und im Immunsystem, aber es wird auch die Dynamik und Rhythmik bestimmter Indikatoren analysiert.
Die in diesem Verbundprojekt validierten Bioindikatoren sollen dann für die weitere Grundlagen- und angewandte Forschung, für industrielle Zwecke und vor allem für landwirtschaftliche Betriebe zugänglich und nutzbar gemacht werden, um eine individuelle und situationsangepasste Versorgung von Nutztieren zu ermöglichen.
Arbeitsgruppen:
Nach dem vorangegangenen Verstehen und Identifizieren von tierbezogenen Indikatoren schließt Verbundprojekt 1.3 in logischer Folge mit der Entwicklung von praktischen Anwendung von solchen Indikatoren an.
In diesem Projekt nutzen wir automatisch gesammelte Daten durch Smart Livestock Farming-Tools, wie Milchleistung, Körperzustand, Gewicht, Futter- und Wasseraufnahme, Aktivität und Aufenthaltsort der Tiere. Diese Daten dienen als Anzeichen für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistung der Tiere. Wir müssen Lösungen und Algorithmen anwenden oder entwickeln, wie Indikatoren für Tierwohl, Tiergesundheit und Effizienz unter Praxisbedingungen erhoben und analysiert werden können. Diese technischen Lösungen und die anfallenden Daten müssen sich in die Haltung und bestehende Herdenmanagementprogramme einfügen lassen, diese ergänzen, neue Aspekte hinzufügen und im Endeffekt präzise Vorhersagen ermöglichen.
Smarte Lösungen helfen aber nicht nur bei der Überwachung, sondern auch beim Management der Tiere, um sicherzustellen, dass sie den Zugang zu wichtigen Ressourcen haben. Letztendlich müssen diese Entwicklungen dann in Stallbaukonzepte und Tiermanagementsysteme eingebettet werden, um nachhaltig Tiergesundheit und Tierwohl auf Ebene des Individuums zu erfassen und zu verbessern.
Arbeitsgruppen: